09:00 Uhr: Sieben Teilnehmer sind gekommen. Davon sind vier TN zum ersten Mal hier. Also beginnen wir noch mal mit „Guten Morgen, mein Name ist…“. Im Laufe der Zeit kommen noch sechs weitere TN, zwei davon sind neu. Ich frage den Papa vom kleinen Jungen nach der Ehefrau. Er sagt, seine Frau kommt morgen mit. Die Mutter der drei Kinder sagt etwas vom „Zug“.
Ich wechsele das Thema und erkläre zum ersten Mal, es ist besser sich abzumelden. Ich sage: „Ich brauche keine Begründung, sage einfach, ich komme später oder ich komme nicht“.
Beim Durchgang von „Ich – du – er….“ will ich, wie beim letzten Mal, ein „Du“, ein „Er“ und eine „Sie“ im Viererkreis. Ich lade zwei Männer und die TN, die nicht gut lesen kann, ein nach vorne zu kommen. Die Frau zuckt – ihr Mann sagt etwas Unverständliches. Der Nachbar erklärt, der Mann will nicht, dass ein fremder Mann…. Ich habe es sofort verstanden und entschuldige mich aufrichtig und ausführlich. Bis der Mann mir zunickt. Pfff.
Die Frau hatte kein Kopftuch auf, nur eine Mutze. Wie viele hier, wenn es kalt ist.
Beim „ich- du …“ probiere ich bei einem Teilnehmer durch Gesten den Rhythmus zu erhöhen. Er macht mit. „Und noch einmal!“, er macht jetzt ganz schnell – alle lachen, er auch – Entspannung.
Dann üben wir zählen. Das ist wieder für alle schwierig. Vor allem :
Sieben – siebzehn – siebenundzwanzig – siebzig
Auch siebzehn und siebzig werden vertauscht und natürlich „fünf“ und „funf“. Aber das kenne ich, es dauert ein Jahr, bis die Umlaute sitzen bei 90 % der gesprochenen Wörter.
Wir erreichen allerdings die Hundert und morgen ist wieder ein Tag.
Es folgt noch Mal „Anton, Bertha…“ und das Sozialamt. Danach erkläre ich, dass wir mit den ersten Sätzen beginnen, zuerst kommen einfache Sätze. Dass ich in diesen Kursunterlagen etwa 400 Worte eingebaut habe, die Wörter, die man für eine Unterhaltung im Kindergarten, usw. braucht. Ich weiß nicht, ob ich ihnen Mut mache, wenn ich erwähne, dass wir bis Ende Januar alle Wörter kennen werden.
Spenden: Ich habe bei der Vorbereitung des Kurses viele Menschen um Unterstützung gebeten. Die große Hilfsbereitschaft hat mich sehr gefreut. Eins wollte ich jedoch partout nicht. Ich wollte nicht um Spenden bitten, weil ich kein Nikolaus spielen wollte. Ich wollte nicht, dass die Menschen kommen, weil sie Socken bekommen, sondern nur weil sie Deutsch lernen wollen.
Die eigenen Kinder berücksichtigten dies natürlich nicht und Samstag kam unsere Tochter mit Kinderbüchern und -kleidung. (erste Reaktion: grrrr, zweite Reaktion: ich bin stolz). Auf einmal kommt unsere kleine Enkelin mit einem Büchlein aus dem Kinderschrank, guckt mich an und sagt: „Opa, das ist für die Kinder, das brauche ich nicht mehr.“
Ich habe heute Bücher und Kinderkleidung verteilt. Meine Bedenken, dass es im Kurs Unstimmigkeiten gibt, weisen die TN entschieden von der Hand: Die Solidarität wirkt derart überzeugend, dass ich fast versucht bin, mich zu entschuldigen.Den pfiffigen TN frage ich, ob er mit seinen Kumpeln Deutsch geübt hat. Es kommt keine so richtige Antwort und er meint, seine Kumpels sind jetzt hier. Ich sage ihm, er soll weitere Freunde suchen und wir treffen uns morgen, wenn er will, in der Stadtmission. Er bejaht, sein Nachbar auch.
Ich schlage vor, kleine Sprachaufnahmen in Whatsapp zu machen. Wenn er die weiter schickt, hat jeder Übungspartner den Originalton. Ich lese einen kleinen Abschnitt vor, sie sind begeistert. Ich bitte ihn eine Whatsapp-Gruppe mit seinen Sprachfreunden zu machen. Morgen lesen wir dann die einzelnen Abschnitte ein. Er fragt mich, ob ich kein Whatsapp habe. Ich zeige mein 10-jahre altes Handy. Er lacht verlegen.