Wir beginnen mit dem Buchstabieralphabet: Anton, Bertha, usw. Dann bitte ich die TN ihren Namen senkrecht, Buchstabe für Buchstabe plus Leerzeichen, zu schreiben. Manche können ihren Namen noch nicht richtig schreiben. Sie sollen das Blatt bis Morgen mit den Buchstabenkodes ergänzen – das wird für sie ein wichtiges Dokument.
Dann pauken wir Zahlen, Geburtstage, die Familie, die verschiedenen Formen der Begrüßung, Körperteile und Körperverben, die Zimmerbezeichnungen im Haus und die Gegenstände im Wohnzimmer. Nach der Pause werden wir die Gegenstände im Schlafzimmer behandeln.
Wir verwenden viel Zeit mit den zu den Themen gehörigen Sätzen, alle lesen jeweils einen Satz und wir wiederholen und üben natürlich: Küche – Kuchen, Blumen- blühen sowie Eltern, gerne, Fernseher und Angst, Herbst, (danke und) selbst. wie auch zehn. Zeh, Polizei, Zahlen.
Danach erkläre ich die neue App „ankommen“ von der BAMF und dass diejenige, die mit Bus oder Zug kommen, die Fahrkarten aufheben sollen, wegen einer Rückerstattung. Das sind viele neue Worte auf einmal. Wir machen es in 4 Sprachen, damit sicher ist, dass alle es verstehen.
Nach der Pause: Zahlendiktat. Ein Teilnehmer bekommt ein Blatt Papier mit den Zahlen 1 – 20 und auch (eins – zwei, usw.) ausgeschrieben. Er soll bis morgen diese Zahlen 10 Mal nachschreiben. Den Anderen sage ich, dass gestern 6 Diktate fehlerfrei waren und als häufigste Fehler Verdrehungen (64 statt 46) und Verwechslungen 17/70 bzw. 12/20 vorkommen. Ich lobe und erkläre, dass wir nächste Woche Zahlen wie 35,12 (Euro) oder 65,23 usw. üben werden, damit sie im Globus den Preis an der Kasse auch verstehen können. Das finden sie sehr gut.
Dann ist schon wieder 11:30 Uhr, Zeit für „Viele Wege“. Ich habe heute Morgen bei Wikipedia das Wort „Mut“ und die Übersetzung in Arabisch und Persisch gesucht und groß auf ein Blatt geschrieben. Ich zeige es, setze mich und bitte um Ruhe. Ich gucke alle nacheinander an (Augenhöhe) und sage: „Sie haben alle viel Mut“. Sie haben nicht nur Ihr Land verlassen, sondern sitzen jeden Tag hier und lernen Deutsch mit mir. Das ist schwierig für Sie. Und ich erinnere an die Menschen, die 1 oder zwei Tage kamen und wieder verschwunden sind. Sie nicken. Sie haben Mut und ich werde Ihnen mit „Viele Wege..“ zeigen, welche Möglichkeiten Sie hier haben.
Eine TN liest über Christian, der Drucker. Ich erkläre, male die Stationen und betone die Abschlüsse, die Christian gelungen sind und seinen Werdegang darstellen.
Dann kommt der Satz „…. mit dem Berufsabschluss auch geschafft“. Zu dem Wort fällt mir einen Satz ein. Ich schreibe an die Tafel: „Wir schaffen das“ und frage, ob jemand diesen Satz kennt.
Niemand. Niemand?! Nein Niemand, auch nicht die TNin, die schon lange hier wohnt.
Wer kennt „Angela Merkel“? Einige und nach einem arabischen und persischen Intermezzo, alle. Es ist die Bundeskanzlerin
Dieses Unwissen über den Satz des Jahres kann ich so nicht stehen lassen, wirklich nicht.
Wo ich stehe, ist gefliest, wo die TN sitzen, liegt ein Teppich: die Grenze. Ich frage die Familien wie lange sie schon hier sind. Drei Monate und ich zähle zurück: Januar – Dezember – November – Oktober. In Oktober standen Sie an der Grenze von Deutschland. und ich zeige nach unten: Deutschland – Österreich. Dann spiele ich die geteilte deutsche Gesellschaft: Diejenige, die die Flüchtlinge nicht wollen und schimpfen und, ein Meter nach rechts, die Gruppe, die sagt, sie sind willkommen.
Dann gehe ich auf den Teppich und sage: Angela Merkel hat allen Menschen hier in Deutschland gesagt: „Wir schaffen das.“ und „Sie dürfen kommen“. Und nach diesem Satz haben die Menschen hier gesagt „OK !“ und haben begonnen Ihnen zu helfen. Ich zeige auf alle Menschen im Raum und draußen „Wir schaffen das“. Und dann passiert etwas Wunderbares: Da die Teilnehmer gewohnt sind, jeden lauten Satz von mir zu wiederholen und ich den Satz „Wir schaffen das“ noch mal sage hallt es durch den Raum: „Wir schaffen das!“ Ein rührender Moment.